Teil 1: Die Email-Flut Teil 2: Das Prozesschaos Teil 3: Verarmung der Kommunikation Nicht nur Emails, die von außen gewünscht oder ungewünscht in unsere Inbox gelangen, gehören zur Business-Falle. Zunehmend werden über Emails auch Aufgaben verteilt und Arbeitsprozesse mehr schlecht als recht organisiert. Es ist doch so einfach, eben mal noch den Vertriebsleiter, den Marketingleiter und die Kollegen Meier und Schmitt in CC zu setzen ? vielleicht auch als kleiner kommunikativer Giftstachel für den Empfänger. Und sollte dann in einigen Wochen ein Problem auftauchen, heißt es oft: „Wieso, ich habe Ihnen die Email doch im CC zugeschickt.“ Auch das Forwarding von Emails ist sehr beliebt ? zumal man sich damit auch gerne der eigenen Verantwortung entzieht. Diese Art Emails tragen nicht nur zur Email-Flut bei. Sie verursachen vor allem Prozesschaos und kommunikative Verarmung. Zu letzterem in der nächsten Folge mehr. Digitale Dokumente sind zwar flüchtiger als physische Unterlagen, aber nicht minder geschäftskritisch. Eine verlorene Geschäfts-Email kann im Falle eines Rechtsstreits oder einer Finanzprüfung unter Umständen verheerende Auswirkungen haben. Denn Emails sind elektronische Erklärungen und damit auch rechtsverbindlich und geschäftsrelevant. In vielen Ländern wurden in den letzten Jahren neue Gesetze erlassen, die Firmen dazu auffordern, ihre elektronische Kommunikation über Jahre hinweg zu archivieren und für Gesetzgeber und Finanzämter transparent und jederzeit verfügbar zu machen. Elektronische Email-Archive werden deshalb in Zukunft für viele Firmen unerlässlich sein. Klar, auch für die Email-Archivierung gibt es brauchbare Lösungen. Doch sind auch diese meist an den Verzeichnisstrukturen der Email-Server orientiert. Zwar kann man über eine effiziente Indizierung diese wieder leicht auffindbar machen, dennoch ist auf diese Weise die Email nicht in einem Prozess verankert. Sie ist auffindbar, wenn ich danach suche, aber immer noch frei schwebend. Notwendig wäre vielmehr die Abbildung von Prozessen, in denen Email als ein Kommunikationskanal von mehreren mit eingebunden ist. In diesen Prozessen müssen aber auch alle anderen Dokumente wie Briefe, Faxe, Protokolle, Gesprächsnotizen, Besuchsberichte integriert sein. Und diese Prozesse brauchen eine Organisationsstruktur. So wie das in Prä-Online-Zeit mit Kunden-Ordnern und Umlauf-Vorgangsmappen durchaus funktioniert hat bzw. in vielen Unternehmen heute noch funktioniert. Das ist der CRM-Ansatz. Die Prozesse werden nicht aufgrund der Eigenschaften des Informationsmediums strukturiert, sondern am Organisationskern: dem Kunden. Für diese Aufgabe ist ein klassischer Email-Client oder eine Groupware-Lösung wie z.B. Outlook und Exchange völlig ungeeignet. Denn dort steht die Email-Bearbeitung bzw. die Inbox im Vordergrund. Das integrierte Adressmanagement ist nur ein Zusatztool – dazu noch ein grottenschlechtes. Das ist auch der Grund, weshalb so viele nach wie vor in der komfortablen Inbox ihres Email-Clients ihre Arbeit organisieren und so in einer Feedback-Schleife das Prozesschaos weiter ausbauen. Aber gerade die Adresse muss im CRM-Ansatz im Mittelpunkt stehen. Natürlich leidet auch die Email-Kommunikation nach außen mit den Kunden oder Interessenten unter diesem Prozesschaos. So ist es kein Wunder, dass sich bei einer Überprüfung der Email-Services von 100 nationalen und internationalen Unternehmen ein erschreckendes Bild zeigt. In einer Studie von ECC-Handel und psychonomics erhielten die Unternehmen aus 10 verschiedenen Einzelbranchen, im Rahmen eines so genannten Mystery Mailings, je 10 Testanfragen per Email oder Kontaktformular. Insgesamt wurden während des Untersuchungszeitraums von August bis September 1.000 Email-Anfragen versandt. Im Rahmen dieser Erhebung zum Kommunikationsverhalten von Unternehmen auf Email-Anfragen wurden die einzelnen Serviceaspekte anhand von sieben Zufriedenheitsfaktoren untersucht: · Reaktionsverhalten · Passung zur Anfrage · Informationsvollständigkeit · Prägnanz u. Verständlichkeit · formale Gestaltung · Freundlichkeit u. Seriosität · Kontaktmöglichkeiten Die Ergebnisse zeigen insgesamt große Defizite bei der Beantwortung von Email-Anfragen auf. Dies gilt nicht nur für kleine oder mittelständische Unternehmen sondern auch für viele der untersuchten Großunternehmen. So wird auf immerhin 28 % der Anfragen überhaupt nicht reagiert. Nur 12 von 100 Unternehmen beantworten alle Anfragen. Wenn reagiert wird, dann häufig nicht schnell und nicht gut genug: Nur 38 % der Antworten werden am gleichen Tag beantwortet. Bei einem Fünftel der Anfragen müssen potenzielle Kunden dagegen länger als 5 Tage auf eine Antwort warten. In 21 % der Email-Antworten werden Kunden mit vorgefertigten Standardtexten abgespeist‘. An der Geschwindigkeit und den Möglichkeiten des Mediums Email kann es nicht liegen. Auch Standardtexte können so vorbereitet sein, dass der Empfänger eine individuelle Antwort erhält. Die Ursache liegt ausschließlich an nicht standardisierten und unkontrollierten Prozessen. Schade eigentlich, denn das Medium Email bietet fantastische Möglichkeiten für eine effiziente und effektive Kundenkommunikation, wenn man dabei die anderen Kommunikatioskanäle, wie z.B. das persönliche Gespräch, nicht vernachlässigt. Doch offenbart der Umgang mit Email auch eine zunehmende Kommunikationsverarmung. Dazu in der nächsten Folge mehr. ‚
Business-Falle Email ? Teil 2: Das Prozesschaos
von Hansjörg Schmidt | Okt 5, 2005 | Blog