Netzneutralität – noch nie gehört? Dabei geht es um die diskriminierungsfreie Übertragung von Daten im Web. Immer mehr Konzerne versuchen die Neutralität der Datennetze auszuhöhlen. Telekom-Chef Obermann hat vor kurzem angekündigt, dass besondere Netzsicherheit oder höchste Übertragungsqualität “auch differenziert bepreist werden müssen”. Mit Google und Verizon haben nun zwei Global Player ein Regelwerk für ein „offenes Internet“ vorgelegt. Beide bekennen sich darin zwar grundsätzlich zur Netzneutralität, aber diese gelte nicht im mobilen Datennetz. Das mobile Internet sei anders, stellen die beiden Unternehmen fest. Spezielle IP-gebundene Onlineangebote, für die keine Rücksicht auf Aspekte der Netzneutralität genommen werden muss, sollen als Produkt vom herkömmlichen Internetzugang abgegrenzt werden.
Aufhebung behindert Innovation
Die Aufhebung der Netzneutralität – ob im mobilen oder stationären Netz – behindert Innovation und stellt damit auch einen Angriff auf den Mittelstand dar. Dies betrifft nicht nur Anbieter, sondern auch deren Kunden. Große Unternehmen können sich künstliche Eintrittsbarrieren in ihre Märkte erkaufen, dadurch werden Innovationen behindert. Wenn bestimmte Dienste nur noch über direkte Kooperationen mit Providern und gar nicht mehr in Form von offenen Internetplattformen verfügbar sind, leiden auch die Kunden, die dann nicht mehr die freie Wahl haben oder Verträge mit mehreren Providern abschließen müssen.
Diskriminierungsfreie Übertragung Garant für funktionierende Marktwirtschaft
Ein freies, neutrales Internet ist nicht nur Garant für freien Meinungsaustausch weltweit und damit die direkte Ableitung des Rechts auf Meinungsfreiheit und somit elementar für unsere Demokratie. Es ist auch ein wichtiger Garant für eine funktionierende Marktwirtschaft in einem der wichtigsten gesellschaftlichen Bereiche.
Begründet wird der Schritt zu einer differenzierten Bezahlung von Daten mit den hohen Investitionskosten in die Netze. Aber bereits jetzt wird jeder Traffic im Netz doppelt bezahlt, einmal von dem der den Inhalt ins Netz stellt, einmal von dem der ihn sich ansieht. Bei Flatrate-Tarifen gibt es eine Mischkalkulation, aber es ist Sache des Anbieters, solche Tarife zu verkaufen und die der Kunden, solche Tarife zu nutzen. In neutralen Netzen spielt es keine Rolle, welche Daten das sind. Dies ist das Geschäftsmodell der Carrier. Es passt einfach nicht, wenn beispielsweise die Telekom Investitionen zurückstellt, damit die Zukunftsfähigkeit gefährdet und gleichzeitig einen Aktienrückkauf startet.
Aufhebung verringert Markttransparenz und begünstigt Kartelle
Eine weitere Gefahr für Anbieter und deren Kunden besteht in der zunehmenden Konzentration der Telekommunikationsanbieter. Diese führt auf Kurz oder Lang dazu, dass sich die Internetübertragungskapazitäten nur noch in der Hand weniger Unternehmen befinden werden. Der Vergleich mit dem Ölkartell OPEC ist hier nicht von der Hand zu weisen. Wollen wir eine OPEC 2.0, die bestimmt, welche Daten wie durch die Netze fließt? Die Folge wären Absprachen zwischen Zugangs- und Inhaltsanbietern, welche zu Marktverzerrungen führen. Große Zugangsanbieter könnten billigere Angebote machen, da sie ein Teil der Kosten über die Inhaltsanbieter finanzieren. Große Inhaltsanbieter würden größere Marktanteile erlangen, da sie besser erreichbar sind. Dies verringert die Markttransparenz und begünstigst kartellartige Strukturen. Es gibt keinen Markt, in dem dies irgendwo zu Kostenvorteilen geführt hätte.
Aushöhlung schadet den Unternehmen und ihren Kunden
Ein Angriff auf Netzneutralität ist auch ein Angriff auf den Mittelstand. Denn dieser braucht einen einfachen und bezahlbaren Zugang zum Internet. Der Mittelstand ist in Deutschland der einzig verbliebene Innovationsmotor. Ein Ende der Netzneutralität würde ein Zwei-Klassen Internet befördern. Die großen Medien- und Internetkonzerne würden sich ihr eigenes Netz schaffen. Nicht Qualität und Nutzen der Produkte, sondern allein das Geld würde den Marktzugang erschließen. Dann müssten sich Alternative und neue Anbieter hinten anstellen oder würden komplett verdrängt. Der Leidtragende wäre in jedem Fall der Kunde, ob Privatperson oder Unternehmen. Und deswegen geht diese Diskussion uns alle an!
Hier geht es zur Initiative Pro Netzneutralität